Zwischen vier farbigen Kreisen auf der linken und einem tiefschwarzen Kreis mit violetter Aureole auf der rechten Bildseite baut sich in Two Bars eine Spannung auf. Titelgebend sind die beiden gezeichneten Balken in schwarz und weiß, die ganz unauffällig am oberen linken Bildrand sitzen.
Adolph Gottlieb interessierte sich für eine Vielzahl von Kunstwerken: Von Werken verschiedener Stammesgruppen bis zur westlichen Kunst, die er schon 1921 im Alter von 17 Jahren in Europa studierte. Die Begeisterung für Zeichen und Symbole und die Überzeugung, dass sie Wegweiser für eine universelle Sprache seien, teilte er mit anderen Künstler:innen der Zeit. Ab Mitte der 1950er Jahre entsteht aus dieser Beschäftigung das Bildelement der Kreisform, das auch Two Bars dominiert. Zu der Frage nach der Bedeutung seiner Formen sagte er 1963 in einem Interview: „My paintings can represent an atomic bomb, a sun, or something else altogether: depending on the thinking of whoever is looking at it.“ [1]
Adolph Gottlieb (1903–1974)
Two Bars, 1964
Aktuell Ausgestellt: Ja (Raum: Zuhause in der Malerei)
Material: Öl auf Leinwand
Größe: 198 x 335 cm
Inv-Nr.: A_078
Bildrechte: VG Bild-Kunst, Bonn
Schlagworte:
Vorbesitz: Adolph und Esther Gottlieb Foundation, New York; Privatsammlung; Will Ameringer Fine Art Inc., New York; Advanta Collection
Ankauf: Sammlung Reinhard Ernst, Christie’s, New York, 2010
Einzelausstellungen:
1996
„Adolph Gottlieb. Paintings 1956–1964“, Knoedler & Co., New York, USA
1988
„Adolph Gottlieb. Horizontal Paintings“, Knoedler & Co., New York, USA
1982
„Adolph Gottlieb. Selected Works 1938–1973“, Knoedler & Co., New York, USA
Die Spannung in Two Bars entsteht zwischen vier farbigen Kreisen auf der linken Seite und einem tiefschwarzen Kreis mit einem violetten Lichthof auf der rechten Seite. Der Titel bezieht sich auf zwei schwarz-weiße Balken, die unauffällig am oberen linken Rand platziert sind. Dies wirft die Frage nach der Beziehung zwischen diesen kontrastierenden Formen auf. In diesem großformatigen Gemälde kombiniert Gottlieb die kreisförmigen Formen und die beiden Balken aus zwei seiner früheren Serien, den Imaginary Landscapes und den Burst Paintings.
Adolph Gottlieb schätzte die Werke verschiedener Stammesgruppen, doch reichten sein Wissen und seine Interessen weit darüber hinaus. 1921, im Alter von siebzehn Jahren, arbeitete er sich nach Europa durch und verbrachte über ein Jahr damit, eine Vielzahl von Kunstwerken in den Museen von Paris, München, Berlin, Wien und anderen Städten zu studieren. Seine Studien umfassten zwar ethnografische Sammlungen, doch seine Ausbildung war ebenso stark von der westlichen Kunst geprägt, von der klassischen Antike bis hin zur zeitgenössischen Moderne. In Paris besuchte er nach eigenen Angaben mehrere Monate lang täglich den Louvre.
Zudem besuchte er in den Jahren 1937/1938 die indianischen Sammlungen des Arizona State Museum, als er in Tucson lebte. Die Ausstellung Prehistoric Rock Pictures in Europe and Africa im MoMA hat er vermutlich gesehen, es gibt jedoch keine direkten Dokumente, die seinen Besuch bestätigen. Zu der Frage nach der Bedeutung seiner Formen sagte er 1963 in einem Interview: „My paintings can represent an atomic bomb, a sun, or something else altogether: depending on the thinking of whoever is looking at it.“ [1]
Die Universalität von Bildern, die in allen Gesellschaften und Epochen verwendet werden, war ein häufiges Diskussionsthema von Gottlieb und seinen Kollegen, und er sprach dies in den 1940er Jahren häufig an. In The Tiger’s Eye veröffentlichte er 1947 die Aussage: „Die Rolle des Künstlers war schon immer die des Bildmachers. Verschiedene Zeiten erfordern unterschiedliche Bilder… Für mich ist bestimmte sogenannte Abstraktion überhaupt keine Abstraktion. Im Gegenteil, sie ist der Realismus unserer Zeit.“ [2] Sein Interesse an Symbolen erstreckte sich auch auf andere Kulturen, und er teilte diese Begeisterung mit Künstlern wie Arshile Gorky, Theodoros Stamos und Jackson Pollock. Sein frühes Interesse an Symbolik führte zur Entstehung der Kreisform, die in Two Bars dominiert, aber es ist wichtig zu beachten, dass diese Formen abstrakt und keine wörtlichen Darstellungen sind.
Darüber hinaus spielte Gottlieb eine wichtige Rolle bei der Förderung der Karriere von Helen Frankenthaler. Im Jahr 1950 lud die Kootz Gallery Gottlieb und vier weitere Künstler ein, Werke weniger bekannter Künstler für eine Ausstellung zu nominieren. Gottlieb nominierte Frankenthalers Beach, was zu ihrer Einzelausstellung in der Tibor de Nagy Gallery im Jahr 1951 führte. Diese Verbindung zwischen Gottlieb und Frankenthaler verleiht der Auseinandersetzung mit beiden Künstlern eine zusätzliche Tiefe, insbesondere da das Museum kürzlich Frankenthalers Green Moon erworben hat.
[1] Anon., “Gottlieb Pinta Explosoes”, Ultima Hora La (São Paulo), 27. September 1963, zit. n. Adolph Gottlieb: A Retrospective, Ausst.-Kat., Peggy Guggenheim Collection, Venedig 2011, S. 42.
[2] In: “The Ides of Art: The Attitudes of Ten Artists on Their Art and Contemporaneousness”, The Tiger’s Eye, Bd. 1, Nr. 2, Dezember 1947.