In Geteiltes Bild von 1986 trägt Günther Uecker mit den Fingern die schwarze Farbe direkt auf die ungrundierte Leinwand auf – eine körperliche, direkte Geste ähnlich der Arbeiten von Kazuo Shiraga. Die in die Leinwand eingeschlagenen Nägel nehmen die Bewegungen der Striche in alle möglichen Richtungen auf. So entsteht ein um die Bildmitte strudelndes Zentrum, das die Wirkung des Einschlags der Axt, die Trennung des Bildes in zwei Hälften verstärkt. 1961 wurde Uecker Mitglied in der von Heinz Mack und Otto Piene gegründeten Künstlergruppe ZERO. Inspiriert vom Zen-Buddhismus, begriffen sie ZERO gleichzeitig als Leere nach der Stunde Null und als Fülle von neuen Möglichkeiten.
Günther Uecker (*1930)
Geteiltes Bild, 1986
Aktuell Ausgestellt: Ja (Raum: From Zero to Action)
Material: schwarze Acrylfarbe und Nägel auf Leinwand auf Holz, vom Künstler gespalten
Größe: 150,5 x 150 x 20 cm
Inv-Nr.: B_023
Bildrechte: VG Bild-Kunst, Bonn
Schlagworte:
Vorbesitz: Privatsammlung, Nordrhein-Westfalen
Ankauf: Sammlung Reinhard Ernst, Grisebach, Berlin, 2009
Einzelausstellungen:
2006
„Günther Uecker – Das Eigentliche….“, Museum Küppersmühle, Duisburg
„Günther Uecker. Zwanzig Kapitel und Aquarelle“, Martin-Gropius-Bau, Neue Nationalgalerie, Neuer Berliner Kunstverein, Berlin
Bekannt wurde Günther Uecker, geboren 1930, mit seinen reliefartigen Nagelbildern schon 1957. Von landwirtschaftlicher Arbeit inspiriert, suchte er auch in seiner Kunst durch stetige Wiederholung der gleichen Tätigkeit einen Zustand von Selbstvergessenheit zu erreichen. Diese auch aus der Zen-Meditation bekannten Techniken hatte schon Lucio Fontana angewandt, als er ab 1949 seine Concetto Spaziale (dt. Raumkonzept) genannten, aufgeschlitzten Leinwände schuf. Das traditionelle Tafelbild war zerstört, der Raum hinter dem Bild sichtbar geworden. Uecker, stark von Fontana inspiriert, bringt das Bild nun in den Raum, in dem er die eingeschlagenen Nägel aus der Leinwand herausragen lässt. Durch das Licht und den sich mit der Zeit verändernden Schattenwurf kommen zusätzlich noch Bewegung und Zeit als neue Dimensionen hinzu. Die entstehenden Bilder sind immer das Ergebnis eines Moments, eines spezifischen Ausdrucks, der sich nicht wiederholen lässt, er korrigiert nichts mehr im Nachhinein. Die Geste des Nagelns in das Bild – ein gewaltsames Eindringen, ein Störfaktor — ruft mehrere Assoziationen auf. Es ist künstlerisch eine rebellische Absage an die Malerei, für Uecker aber auch eine persönliche Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg, in dem er als Kind Fenster und Türen zunagelte, als Schutz vor russischen Soldaten. Er sieht seine Arbeit auch als einen Versuch, eine neue Nähe zu Menschen wiederherstellen zu wollen: “..wir, als Kinder dieser Ereignisse sozusagen, als Erben der Schuld, die wussten was passiert war.. versuchten neue Gründe, einen neuen Grund zum Leben zu finden.”[1]
In Geteiltes Bild von 1986 trägt Uecker mit den Fingern die schwarze Farbe direkt auf die ungrundierte Leinwand auf – eine körperliche, direkte Geste ähnlich der Arbeiten von Kazuo Shiraga. Die Nägel nehmen die Bewegungen der Striche in alle möglichen Richtungen auf und ergänzen die Malerei. So entsteht ein um die Bildmitte strudelndes Zentrum, das die Wirkung des Einschlags der Axt, die Trennung des Bildes in zwei Hälften verstärkt. Die Brutalität der Geste verstärkt hier die Assoziation der Nägel mit Verletzung, Zerstörung und Aggression.
1961 wurde Uecker Mitglied in der von Heinz Mack und Otto Piene gegründeten Künstlergruppe ZERO. Inspiriert vom Zen-Buddhismus, begriffen sie ZERO gleichzeitig als Leere nach der Stunde Null und als Fülle von Möglichkeiten. Gemeinsam stellten die drei Künstler 1964 auf der heute legendären documenta III einen „Lichtraum“ aus, den sie Lucio Fontana widmen. Sieben kinetische Objekte zeichnen mit Licht in dem abgedunkelten Raum, der um die Dia-Projektion einer aufgeschnittenen Leinwand von Fontana ergänzt wird.
[1] Günther Uecker Interview: Poetry Made with a Hammer, Interview von Christian Lund, Edition Copenhagen, Dezember 2014, 1:44–2:02 min. Produziert von Kasper Bech Dyg und Christian Lund. Copyright: Louisiana Museum of Modern Art, 2017.