In Esteban Vicentes Spätwerk, zu dem auch Calma von 1992 gehört, lösen sich die Formsetzungen bisweilen in Farbmeeren auf, die an späte Arbeiten von William Turner erinnern. Dieser Eindruck resultiert aus Vicentes Vorgehen im Malprozess: Zunächst wählte er für jedes Werk eine Grundfarbe aus, der er dann weitere farbliche Setzungen gegenüberstellte. So dominiert in Calma ein intensiver blauer Grund, der durch Freilassungen den Blick auf andere Farbtöne freigibt und durch gezielte Farbsetzungen aufgebrochen wird. Damit brachte Vicente sowohl durch seine intensiven und leuchtenden Farbtöne, als auch durch seine ruhigen Kompositionen eine neue Eleganz in die Malerei des Abstrakten Expressionismus.

Esteban Vicente (1903–2001)

Calma, 1992

Aktuell Ausgestellt: Ja (Raum: The Beat Goes On)

Material: Öl auf Leinwand
Größe: 112 x 157,5 cm
Inv-Nr.: B_337

Schlagworte:

Provenienz

Vorbesitz: Berry-Hill Galleries, New York; unbekannt, 1998
Ankauf: Sammlung Reinhard Ernst, Sotheby´s, New York, 2015

Ausstellungsliste

Einzelausstellung:
1993
„Esteban Vicente at 90: Five Decades of Work“, Berry Hill-Galleries, New York, USA

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Nach Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs 1936 zog Esteban Vicente mit seiner Frau Harriet von Madrid nach New York. Der spanische Botschafter in den USA setzte ihn als Vizekonsul in Philadelphia ein, eine Position, die er 3 Jahre ausübte und ihm die Möglichkeit gab, seine Kunst fortzusetzen. Seine erste Einzelausstellung hatte er 1937 in der Kleeman Gallery. In den 1950er Jahren knüpfte er Beziehungen zu Mitgliedern der entstehenden New York School (etwa zu Willem de Kooning, Jackson Pollock, Franz Kline) und nahm an deren bahnbrechenden Ausstellungen in der Kootz Gallery im Jahr 1950 und in der 9th Street Art Exhibition im Jahr 1951 teil. In der Folgezeit wurde er von den Galerien Leo Castelli, André Emmerich und Berry-Hill in New York City vertreten.

Mit dem Eintritt in die amerikanische Kunstwelt entwickelte sich in dieser Zeit Vicentes Malerei zu leuchtenden Farbkompositionen, in denen er einzelne organische Farbformen übereinanderlegte (siehe No. 01 von 1967 aus der Sammlung Reinhard Ernst). In seinem Spätwerk werden seine Formsetzungen großzügiger und lösen sich bisweilen in Farbmeeren auf, die an späte Arbeiten von William Turner erinnern. Dieser Eindruck resultiert aus seinem Vorgehen im Malprozess: Zunächst wählte Vicente für jedes Werk eine Grundfarbe aus, der er dann weitere farbliche Setzungen gegenüberstellte. So dominiert in Calma von 1992 ein intensiver blauer Grund, der durch Freilassungen den Blick auf andere Farbtöne freigibt und durch gezielte Farbsetzungen aufgebrochen wird. Damit brachte Vicente sowohl durch seine intensiven und leuchtenden Farbtöne als auch durch seine ruhigen Kompositionen eine neue Eleganz in die Malerei des Abstrakten Expressionismus. In einem Interview erklärte der Künstler: „De Koonings work is violent, mine is calm. And calm is a Spanish thing. The origin of the culture you come from is forever with you.“ [1]

Literaturverweise

[1] Interview mit Esteban Vicente, in: Esteban Vicente: Portrait of an Artist, von Madeline Amgott / Harriet & Esteban Vicente Foundation, MUSE Film & Television 49 min., URL: https://youtu.be/f2CzhrnbONM [19:20–19:40 min.].