Helen Frankenthaler schuf Green Moon (1984) zehn Jahre nach dem Tod Adolph Gottliebs – eine respektvolle Hommage an den Künstler, dem sie 1950 ihre erste Ausstellungsbeteiligung in der Tibor de Nagy Gallery verdankte. 38 Jahre später greift sie in diesem Werk Elemente aus Gottliebs berühmter Burst-Serie auf, die sich durch zwei Zonen auszeichnet: eine obere mit einer zentralen Kreisform und eine untere mit gestischen Farbausbrüchen. Gottlieb sah hierin eine Bildformel für die Gegensätze, die das Universum prägen– Chaos und Harmonie, Oben und Unten. Seine Werke wie Istanbul (1971) aus der Sammlung Reinhard Ernst sollten unmittelbar wirken, ohne schrittweise entschlüsselt zu werden.
In Green Moon nimmt Frankenthaler diese Polaritäten auf, bettet sie jedoch in einen fließend roten Farbraum ein. Unter der grünen Kreisform stehen orange und rosafarbene Pigmente als gesättigte Farbklumpen auf der Leinwand. Fünf Jahre später, im Rahmen ihrer großen Retrospektive im Museum of Modern Art in New York, erklärte sie dem Kurator E.A. Carmean: „Alles, was Schönheit besitzt und Ordnung schafft (statt bloß Chaos oder Schock zu erzeugen), alles, was in einem Bild (wie in der Natur) vollendet ist, bereitet Freude – ein Gefühl der Stimmigkeit, so wie im Einklang mit der Natur zu sein.“[1]
Helen Frankenthaler (1928–2011)
Green Moon, 1984
Aktuell ausgestellt: Ja (Raum: Zuhause in der Malerei)
Material: Acryl auf Leinwand
Größe: 160,3 x 118,5 cm
Inv-Nr.: B_590
Bildrechte: VG Bild-Kunst, Bonn; Copyright: Helen Frankenthaler Foundation, New York
Vorbesitz: Irving Galleries, Palm Beach; Vorbesitz: Privatsammlung, Palm Beach, 1984; Erbschaft: Privatsammlung, 2014
Ankauf: Sammlung Reinhard Ernst, 2024
[1] “Anything that has beauty and provides order (rather than chaos or shock alone), anything resolved in a picture (as in nature) gives pleasure — a sense of rightness, as in being one with nature.” Aus: Helen Frankenthaler: A Paintings Retrospective, hrsg. von E. A. Carmean Jr., Ausst.-Kat. Museum of Modern Art, New York/Los Angeles County Museum of Art/Modern Art Museum of Fort Worth/Detroit Institute of Arts, New York 1989, S. 8.